Herbstzeit
Habe eigentlich nur ich den Eindruck, dass Ruhe eingekehrt ist, in unsere Medien? Schon 14 Tage habe ich nicht mehr den Namen Greta gelesen. Auch die Demonstrationen beschäftigen sich mit anderen Themen, und nur ein paar vereinzelt hartnäckige schaffen es, dem Thema „Krieg in Syrien“ auch noch das Fähnlein „Klimarettung“ anzuhängen. Aber sonst? Was ist passiert? Ist die Apokalypse abgesagt, oder nur bis zum nächsten Sommer verschoben? Könnte man verstehen, denn es wird wieder empfindlich kühler beim Beine-in-den-Bauch-Stehen und Plakate schwenken (selbst gestaltet, ist Ehrensache). Möglicherweise wird aber gerade auch nur die Ernte eingefahren, die im Frühjahr gesät wurde. Es sind derzeit alle Orden vergeben, und alle Auszeichnungen verteilt. Frau Neubauer hat pünktlich zur Frankfurter Buchmesse ihre Publikation in die Läden und in die Medien bekommen. Das Thema, welches sie mit ihrem Co-Autor abhandelt, dürfte klar sein. Was früher „Sex-Sells“ hieß, heißt derzeit „unsere tägliche Katastrophe gib uns heute“.
Wir gehen auf das Weihnachtsgeschäft zu, und wer möchte nicht seine Liebsten mit einem Bestseller beglücken. Macht sich bestimmt auch gut im Regal. Es gab ja schon immer Bücher, die viel gekauft, aber wenig gelesen wurden. Ich erinnere die sozialistisch aufgewachsenen Zeitgenossen an „Weltall, Erde, Mensch“, oder „Aus meinem Leben“ (Autor Erich H.). Noch ein Stück zurück gab es ein Buch, dass ähnlich klang, aber das geht jetzt zu weit.
Die Kuh muss gemolken werden, solange sie noch Milch gibt. Mittlerweile nur noch Magermilch, aber auch das soll uns nicht verdrießen. In ein paar Wochen kommt ein Film in die Lichtspielhäuser, der sich mit dem Klima-Thema befasst. Man kann davon ausgehen, dass er in den Charts ganz oben einsteigen wird, denn welcher Lehrer, der etwas auf sich hält (und der Angst vor einem Shitstorm hat), geht nicht mit seiner Klasse ins Kino? Auch die beste Sendezeit im Fernsehen in der Zweitverwertung ist ihm gewiss. Aber sonst? Klägliche Versuche, etwas Glanz abzubekommen. Ein jugendlicher Wichtigtuer fordert ein Verbot von Haustieren. Ganze 14 Sekunden Video war ihm die Botschaft wert. Und das bei einer vermuteten Flatrate? Leute, das hab ich schon mal engagierter gesehen. Greenpeace-Aktivisten kapern ein Schiff und ketten die SUVs an, die mit diesem Schiff eingeführt werden sollten. Womit fahren sie vor? Einen alten Diesel-Bus. Kann man sich nicht ausdenken. In London legt eine Umweltaktivisten-Gruppe den öffentlichen Nahverkehr lahm. Finde den Fehler. (da gab es dann von den Fahrgästen ordentlich was auf die Mütze) Eine Radfahrerin wird von einer Klima-Retterin angeblafft, weil sie nicht den Bus nimmt. Ist halt irgendwie doof, wenn man ihr gesagt hat, Busfahren ist das Nonplusultra, und ihr nicht mitgeteilt wurde, dass es noch umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel gibt. Immer diese Kommunikation. Ein neuer „Feind“ ist zwar ausgemacht, aber auch um Dieter Nuhr ist es ruhiger geworden. Jeder, der etwas auf sich hält, findet gerade Herrn Nuhr dumm und arrogant, ignorant und überhaupt. Was war passiert? Eigentlich nichts wirklich Spektakuläres. „Lauft nicht blind den Apokalyptikern nach, sondern denkt selbst.“ Das war die Quintessenz seiner „Greta-Rede“. Natürlich mit einer Überhöhung, und Überspitzung. Aber wie habe ich es einmal gelernt?- „Übertreibung macht Anschaulich“- Jetzt weilt er gerade in China bei seiner Fotoausstellung. Aha, und warum sagt er nichts zum Thema Hongkong? Man mag es kaum glauben. Es ist nicht seine Aufgabe. Es wäre zudem reichlich dumm. Wer schon einmal in einem Flugzeug saß (man darf das ruhig zugeben), wird bei der Sicherheits-Ballett-Vorführung gehört haben, dass im Falle eines Druckabfalls, Sauerstoffmasken aus der Decke purzeln. Die soll man nicht etwa erst den Kindern und Hilflosen überstülpen, sondern als Erstes verkabelt man sich damit selbst, und danach erst die Anderen. Das soll nicht als Egoisten-Schulung gelten, sondern hat den Grund, dass nur derjenige helfen kann, der dazu noch in der Lage ist. Im Normalfall eben nicht das Kind, sondern der fitte Erwachsene. Jetzt kommt der Looping nach China. Wenn ein Kabarettist in einem Land den Mund aufmacht, und Gefahr läuft, dort inhaftiert zu werden, kann er nicht mehr seiner eigentlichen Aufgabe nachkommen. Nämlich, seine Mitmenschen aufzurütteln und die Augen zu öffnen. Seine Spielwiese ist hier, und nicht der Knast in Peking.
Vielleicht kehrt ja jetzt in der besinnlichen Zeit wieder etwas Ruhe ein, und die Menschen denken erst und schreien dann. Zu wünschen wäre es uns ja endlich mal, find ich.
21.10.2019