Glaskugel

Heute, einen Tag vor der Wahl in Thüringen, wage ich einen Blick in meine Glasmurmel. Früher war es eine Kristall-Kugel, aber man muss den Gürtel eben enger schnallen.

Kurz nach 18:00 Uhr werden sich alle Spitzenkandidaten vor den Mikrofonen versammeln, und als eindeutiges Zeichen jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausschließen. Ausnahmslos alle, werden sich auf genau dieses Thema fokussieren. Genau hier aber liegt das Problem. Wie kann eine Partei ihre Unfähigkeit zur Schau stellen, der nirgends genau diese Möglichkeit geboten wird? Es heißt, „wehret den Anfängen“. Genau das passiert aber nicht. Im Gegenteil. Durch das Meiden und Verteufeln dieser Gruppierung, vergessen alle anderen Parteien offenbar, dass es andere Themen als die AfD gibt. Man arbeitet sich aber scheinbar nur an diesem Thema ab. Sachthemen bleiben auf der Strecke. Es werden Bündnisse geknüpft, die rein thematisch lediglich in einem Punkt passen. Nämlich, der AfD keinen Auftritt zu verschaffen. Es ist ein zweischneidiges Schwert, hier eine Meinung zu haben und zu vertreten., und auf der anderen Seite notfalls mit den Konsequenzen zu leben. In der derzeitigen Situation kann die AfD versprechen, was auch immer sie will. Sie kommt nie in die Bedrängnis, dies auch umzusetzen. Im Gegenteil, sie kann sich hinstellen, und auf die anderen „Blockierer“ zeigen. Die einzige Entwicklung, die durch diese permanente Opferhaltung zu sehen ist, sind die steigenden Zustimmungszahlen. In vielen Gemeinden und sogar Landtagen ist sie mittlerweile knapp hinter den jeweiligen Wahlsiegern. Dieser Abstand verringert sich. Die, die heute so konsequent eine (wie auch immer geartete) Zusammenarbeit ausschließen, werden in naher Zukunft möglicherweise in der Situation sein, keine Möglichkeit der Zusammenarbeit zu bekommen, weil die AfD dann eventuell keinen Koalitionspartner mehr braucht. Genau dies hat mit „wehret den Anfängen“ aber überhaupt nichts zu tun. Das Gegenteil ist der Fall.

Es ist schwierig, sich mit Anhängern dieser Partei zu unterhalten. Es ist noch schwieriger, eine Diskussion zu führen, wenn dem Gegenüber permanent der Aluhut verrutscht, aber sie in der Schmollecke ihren Herrschaftswünschen zu frönen, ist noch weniger zielführend.

In Deutschland passiert nichts von heute auf morgen. Gebt denen irgendein Amt. Egal, was sie bestimmen, es muss ja noch durch diverse Ausschüsse. Es gibt also keine Gefahr im Verzug. Natürlich muss man Nazis, Nazis nennen  (bei Einem darf man das ja mittlerweile sogar offiziell), es gibt dort allerdings auch durchaus kluge Köpfe. Diese jedoch werden in den eigenen Reihen, auch aufgrund der Meidung durch die Medien und die restliche Bevölkerung, von den entsprechenden aggressiveren Kräften isoliert und kaltgestellt.

Es ist spannend, und gruselig, was sich gerade in Deutschland entwickelt, aber Ausgrenzung und Ignoranz gegenüber Andersdenkenden, kann und darf nie die Lösung sein, find ich.


26.10.2019